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Rechtsberatung und Rechtsverfolgung in Ghana
A. Allgemeine Informationen und Empfehlungen
Rechtshilfe wird in Ghana nicht geleistet. Ersuchen der Botschaft an das ghanaische Außenministerium um Weiterleitung verfahrensleitender Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen oder sonstige Zustellungen an die für Zustellung zuständige ghanaische Behörde werden grundsätzlich nicht erledigt. Auch eine Empfangsbestätigung erteilt das Außenministerium nicht. Zustellungen an Zustellungsempfänger mit deutscher Staatsangehörigkeit können im Einzelfall formlos mit Unterstützung der deutschen Botschaft in Accra erfolgen. Dazu ist die Angabe einer P.O. Box erforderlich. Die ghanaische Post stellt Briefe nicht an Hausanschriften zu. Die Übermittlung von Zustellungsantrag und zuzustellenden Schriftstücken erfolgt über den Kurierweg unmittelbar an die Botschaft.
Die Botschaft empfiehlt zur Klärung von Einzelheiten bei der Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen in Ghana dringend die Konsultierung eines ghanaischen Rechtsanwalts. Eine Liste mit der Botschaft bekannten Rechtsanwälten findet sich auf dem Merkblatt „Rechtsanwaltsliste“. Es wird empfohlen, die voraussichtliche Dauer eines gerichtlichen Verfahrens, die zu erwartenden Kosten und die Höhe des anwaltlichen Beratungshonorars im Vorfeld eines Prozesses mit dem jeweils zu beauftragenden ghanaischen Rechtsanwalt zu besprechen und insbesondere dessen Honorar schriftlich vor Prozessbeginn zu vereinbaren. Vorschüsse auf das Anwaltshonorar sollten möglichst nur nach Prozessfortschritt gezahlt werden.
Es wird darauf hingewiesen, dass gegenwärtig keine multi- oder bilateralen Übereinkommen oder Konsularverträge über die Durchsetzung zivil- oder handelsrechtlicher Forderungen im Verhältnis der Bürger der Bundesrepublik Deutschland und Ghanas in Kraft sind.
B. Übersicht zum ghanaischen Rechtssystem
I. Allgemeines
Das ghanaische Recht setzt sich aus der Verfassung von 1992, dem Gesetzesrecht einschließlich des nachkonstitutionellen untergesetzlichen Rechts, dem zur Zeit des Inkrafttretens der Verfassung bestehenden (geschriebenen und ungeschriebenen) Rechts sowie dem common law einschließlich der ghanaischen Gewohnheitsrechtssysteme zusammen, Kapitel 4, Art. 11 der Verfassung. Eine Besonderheit des Rechtssystems ist, dass die Rechtssysteme der einzelnen Ethnien in Ghana von der Verfassung ausdrücklich als Gewohnheitsrecht anerkannt werden, Art. 11 Abs. 3 der Verfassung. In Ghana gelten somit neben dem modernen staatlichen Recht auch Teile der ghanaischen Gewohnheitsrechtssysteme fort.
II. Das ghanaische Gerichtssystem
Kapitel 11 (Artikel 125 bis 161) der Verfassung regelt, dass die Judikative (= rechtsprechende Gewalt) allein der Verfassung unterworfen ist. Das Gerichtssystem besteht aus den oberen Gerichten, d.h. dem Supreme Court, dem Court of Appeal, dem High Court und den nachgeordneten Gerichten, d.h. Circuit Courts, District Courts einschließlich Juvenile Courts und National House of Chiefs.
III. Durchsetzung und Vollstreckung von zivilrechtlichen Ansprüchen in Ghana und Erwirken eines in Ghana vollstreckbaren Titels
Die rechtliche Durchsetzung von Ansprüchen deutscher Gläubiger gegen in Ghana ansässige Schuldner richtet sich nach dem ghanaischen Zivilprozessrecht und den folgenden Rechtsquellen:
- High Court (Civil Procedure) Rules, 2004 C.I.47 („C.I. 47“)
- Foreign Judgments and Maintenance Order, (Reciprocal Enforcement) Instrument, 1993 (L.I.1575)
- Courts Act, 1993 (Act 459) as amended
Der Courts Act erkennt grundsätzlich die vertraglich von den Parteien vereinbarte Rechtswahl an. Das ghanaische Recht unterstellt aber nach dem Evidence Decree, 1975 (N.R.C.D. 323), dass das gewählte ausländische Recht dem ghanaischen Recht entspricht. Die Partei, die eine Abweichung behauptet, hat diese grundsätzlich zu beweisen.
Zu beachten ist ferner, dass die ghanaischen Gerichte an Gerichtsstandsvereinbarungen grundsätzlich nicht gebunden sind. Sie folgen dieser aber regelmäßig und gehen davon aus, dass die Parteien eine vernünftige Wahl getroffen haben, so lange sich die Wahl nicht als unzumutbar erweist.
1. Durchsetzung und Vollstreckung auf der Grundlage eines ghanaischen Urteils
Um ein Urteil in Ghana zu erwirken, bedarf es der Durchführung eines selbstständigen Klageverfahrens beim zuständigen Gericht in Ghana. Dafür wird die Hinzuziehung eines ghanaischen Anwalts als unerlässlich angesehen. Dieser Anwalt muss zudem mit einer von der zuständigen ghanaischen Auslandsvertretung in Deutschland legalisierten Vollmacht des deutschen Klägers ausgestattet sein, wenn dieser nicht persönlich vor Ort sein kann. Aufgrund eventueller Abweichungen bei Formerfordernissen empfiehlt es sich hierbei, die Vollmacht von dem beauftragten ghanaischen Anwalt aufsetzen zu lassen.
Das Zivilverfahren beginnt mit der Einreichung einer Klageschrift. Diese muss nach Order 2 Rule 3 der C.I. 47, die Anschriften der Parteien enthalten. Ein Muster findet sich im Anhang der High Court (Civil Procedure) Rules. Der Kläger muss seine Klage in der Klageschrift mit Fakten begründen, Order 2 Rule 6, Order 11 der C.I.47. Die Klageschrift muss dem Beklagten durch den Gerichtsvollzieher oder eine vom Gericht bestellte Person grundsätzlich persönlich zugestellt werden. Bleibt die Zustellung trotz dreimaligen Zustellungsversuchs ergebnislos, kommt eine öffentliche Zustellung in Betracht. Die örtliche Zuständigkeit ist in Order 3 C.I. 47 geregelt. Der Beklagte kann die örtliche Zuständigkeit rügen. Rügt er sie nicht, kann der Prozess vor dem Gericht, bei dem die Klage erhoben wurde, auch bei dessen Unzuständigkeit durchgeführt werden. Alternativ kann der Richter einen Antrag an den Chief Justice stellen, wonach die Klage einem gesonderten Verfahren folgend an das zuständige Gericht verwiesen werden kann. Der Beklagte hat nach Erhalt der Klage innerhalb von 8 Tagen eine Art Verteidigungsanzeige abzugeben und innerhalb von 14 Tagen seine Klageerwiderung der gegnerischen Partei zuzustellen, vgl. dazu Order 11 C.I. 47 und/oder eine Widerklage erheben, Order 12 C.I. 47. Der Kläger hat anschließend Gelegenheit zu einer Erwiderung innerhalb einer bestimmten Frist. Nach Abschluss dieses Verfahrens hat der Kläger seine Verfahrens- und Beweisanträge abzugeben, auf die der Beklage erwidern kann. Die Gerichtsverhandlung folgt anschließend und erstreckt sich über mehrere Termine bevor ein Urteil durch den Richter ergeht.
Die Vollstreckung ghanaischer Urteile richtet sich grundsätzlich nach Order 43 der C.I. 47.
Formulare für die Vollstreckung finden sich im Anhang der C.I. 47.
2. Durchsetzung und Vollstreckung auf der Grundlage eines deutschen Urteils
Nach dem Courts Act und dem Foreign Judgments and Maintenance Orders (Reciprocal Enforcement) Instrument werden die Urteile von bestimmten Gerichten einiger ausländischer Staaten in Ghana anerkannt und können dort nach einer Registrierung vollstreckt werden. Allerdings sind deutsche Gerichte nicht unter den Staaten aufgeführt, für die die direkte Durchsetzung ausländischer Urteile gilt.
3. Außergerichtliche Durchsetzung von Forderungen
In Ghana besteht zudem die Möglichkeit, eine außergerichtliche Streitbeilegung durch die sogenannte Alternative Dispute Resolution (ADR) zu erreichen. Die Alternative Dispute Resolution ist häufig billiger und schneller als das normale Gerichtsverfahren. Die in diesem Verfahren erwirkten Entscheidungen sind vollstreckbar. Die gültige Rechtsgrundlage für Schlichtungs- und Mediationsverfahren bildet der Alternative Dispute Resolution Act, 2010, (Act 798).
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Haftungsausschluss:
Alle Angaben dieses Merkblatts zur Rechtsberatung und Rechtsverfolgung in Ghana beruhen auf den Erkenntnissen und Erfahrungen der Botschaft zum Zeitpunkt der Erstellung des Merkblatts. Für die Vollständigkeit und Richtigkeit, insbesondere wegen zwischenzeitlich eingetretener Veränderungen kann keine Gewähr übernommen werden.